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Meet-the-Expert: Chancen mobiler Jugendarbeit im internationalen Vergleich

Die dritte Veranstaltung der Vorlesungsreihe zeigte, welche globale Reichweite digitale Vorlesungen an der DHBW Stuttgart erreichen können. Die Referenten Jonas Puhm und Davies Okombo, die sich seit 2005 für die mobile Jugendarbeit (MJA) international stark machen, erläuterten den Teilnehmenden deren Bedeutung, Potentiale und Praxis. Das Konzept setzt auf Beziehungsarbeit und den Dialog mit Jugendlichen, anstatt ihr Verhalten zu sanktionieren und sie durch strengere Gesetze und Strafen aus der Gesellschaft auszugrenzen.

Anhand eines kurzen Interviewausschnitts aus dem kenianischen Fernsehen verdeutlichte Okombo, dass er keine Gelegenheit auslässt, um sich für Rechte und das Wohlergehen von Kindern sowie den Respekt ihnen gegenüber einzusetzen. “Mobile Youth Work is a concept which has the potential to promote democracy and peace”, so die Überzeugung Okombos. Auch seine Mitarbeiterinnen Milka Ombogo, Christine Muga und Elizabeth Anyango nahmen an der Veranstaltung teil und bestätigten, dass sie mit diesem Ansatz sehr gut arbeiten könnten und wie wichtig für sie die Beziehungsarbeit mit den Straßenkindern sei. Wenn es gelänge, eines der Kinder wieder in seine Familie zurückzuführen, sei das ein ganz besonderer Moment. Man müsse aber respektieren, dass man auf der Straße nur Gast sei.

Die Referenten betonten zudem, wie wichtig die Vernetzung mit Behörden und Polizei ist. Der kurzfristig aus Kenia live zugeschaltete Police Officer Stephen Siaka stellte klar, dass er für die Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung zuständig sei, dies aber auf menschliche Weise erfolgen müsse: „As brothers and sisters we are with them“, so Siaka.

Schließlich kam mit der 13jährigen Sheldon Atieno auch eine Jugendliche zu Wort. Sie schilderte die Folgen der Pandemie und warum die Arbeit von Okombo und seinem Team gerade jetzt so wichtig ist. Häusliche Gewalt, Missbrauch und ungewollte Schwangerschaften betreffen vor allem junge Mädchen. Hier sei besonders schwierig, dass die Gesellschaft durch den Lockdown derzeit wichtige soziale Kontrollfunktionen nicht erfüllen könne, erläuterte Okombo.

Dennoch behalten er und seine Landsleute ihren Optimismus: So habe man als Kenianer statistisch gesehen zwar eine viel geringere Lebenserwartung als Menschen in Deutschland, aber die Zahl der Sonnenstunden und die Anzahl der Menschen mit einem Lächeln im Gesicht überwiegen eindeutig in seinem Land.

Sozialarbeiter Puhm ist Alumnus der DHBW Stuttgart, erster Vorsitzender des Vereins UHURU e.V., der sich in Kenia für das Wohl von Kindern einsetzt, und Beiratsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Mobile Jugendarbeit (ISMO e.V.). Seit seiner Studienzeit ist er mit Okombo verbunden und unterstützt ihn und seinen Verein von Deutschland aus. Schritt für Schritt haben die beiden das professionelle Jugendberatungskonzept „Mobile Jugendarbeit“ (MJA) als erstes afrikanisches Pilotprojekt im kenianischen Kisumu eingeführt. Okombo ist Sozialarbeiter, Kinderrechtler und seit 2017 Sprecher der C20 (Civil 20) Arbeitsgruppe zum Thema sozialer Ungleichheit. Er leitet die kenianische Partnerorganisation von UHURU.

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Literaturhinweis: Im aktuell erschienenen Praxishandbuch Mobile Jugendarbeit, herausgegeben von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit/Streetwork, haben Puhm und Okombo im Fachbeitrag „Mobile Jugendarbeit, ihr Beitrag zur Demokratiebildung und ihre friedensstiftende Wirkung im Gemeinwesen“ ihre Erfahrungen veröffentlicht.

Die Veranstaltungsreihe „Meet-the-Expert“ bringt internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Praktikerinnen und Praktiker mit Studierenden zusammen. Die digitalen Veranstaltungen mit internationalen Gästen finden im Rahmen von offenen Vorlesungen, Round-table-talks und interaktiven Vorträgen in englischer Sprache statt. Eingeladen sind Studierende aller Fakultäten.